Die US-Youtuberinnen Nina und Randa liefen kürzlich während ihres Urlaubes im Bikini die Straße zum Strand entlang. Neben ihnen hielt ein Auto, dessen Fahrer beim Anblick der jungen Frauen masturbierte. Ihre Reaktion nach dem Vorfall hielten die Zwillinge auf Kamera fest. So auch, als sie kurz darauf ihre Mutter anriefen. Die fragte, was sie denn angehabt hätten und ermahnte dann in Zukunft immer ein T-Shirt über den Bikini zu ziehen. Daraufhin ging der Shitstorm in den Kommentaren los, in denen die ZuschauerInnen die Mutter des Slutshamings beschuldigten.
Erst wollte ich über eben dieses Video einen Artikel schreiben, doch dann entschied ich mich, Slutshaming allgemein zu thematisieren. Ausschlaggebend war eine Freundin, der ich von dem Video erzählte und die mir denn anvertraute, was ihr passiert ist.
Slutgeshamed
Die besagte Freundin wurde in einem Club penetrant bedrängt von einer Gruppe von Männern. Mehr ist glücklicherweise nicht passiert. Aber so etwas reicht manchmal schon aus, um sich machtlos und irgendwie ausgeliefert zu fühlen. Sie erzählte einer anderen Freundin von der Situation, sich vermutlich Unterstützung wünschend. Doch statt Unterstützung bekam sie nur zu hören, dass sie sich bei der Strumpfhose, die sie an dem Abend anhatte, nicht wundern dürfte.
Meine Freundin, eine selbstbewusste und intelligente junge Frau empfand plötzlich Schuld. Und auch wenn sie rational weiß, dass sie keine Schuld trägt, gab ihr die Aussage der Freundin ein anderes Gefühl.
Slutshaming ist im Grunde…
…Schuldzuweisung. Natürlich wollten weder die Mutter, noch diese eine Freundin die Betroffenen als Schlampen bezeichnen. Aber sie geben ihnen teilweise Schuld an dem, was ihnen passiert ist. Sie sagen „mmh mit einer anderen Strumpfhose hätten dich die Männer in Ruhe gelassen. Pass besser auf, was du anziehst.“. Aber…
Wer ist Schuld?
Wenn ein Mann* dazu bereit ist, eine Frau* zu belästigen oder sogar zu mehr, dann ist das unabhängig von der Frau. Er ist dazu bereit. Er hat Probleme, braucht Bestätigung seiner Macht oder ist anderweitig bescheuert bis krank. Sein Opfer ist nur das Opfer, weil er sich in diesem Moment entscheidet, Täter zu sein.
Zum Beispiel im Fall Nina und Randa. Der Mann war ein Exhibitionist. Das heißt, er wird davon angeturnt, wenn andere ihn bei solchen Handlungen sehen. Je schockierter sie sind, umso geiler macht ihn das. Daran würde auch mehr Kleidung nichts ändern. Wenn er sich zu zwei Frauen im Bikini einen runterholen will, kann er in einen Playboy gucken. Er wollte, dass sie es sehen.
Sollen sie also in Zukunft mit Blindenstock und Sonnenbrille herumlaufen, damit ihnen das nicht mehr passiert?
Doch Nina und Randa sehen die Schuld dennoch bei sich. Sie sehen als ihr Learning, dass sie zukünftig immer ein Tshirt über ihren Bikini ziehen. Die Sichtweise, dass eine bedecktere Kleiderwahl den Vorfall verhindert hätte, teilen sie 350Tausend überwiegend weiblichen und jungen Fans mit.
Sollen heranwachsende Frauen also lernen, dass sie ihre Kleidung, ihr Aussehen und ihr Auftreten danach auswählen sollen, nicht zum Opfer zu werden? Solche Gedanken schränken Frauen in ihrer Freiheit ein, sich selbst auszudrücken und frei zu wählen.
Ein Appell
Wenn eine Freundin zu Dir kommt und Dir von einer ähnlichen Situation erzählt, frag nicht nach ihrer Kleidung, ob sie nett war oder ähnliches. Mach ihr keine Vorwürfe. Stattdessen unterstütze sie in ihrer Wut, zu der sie jedes Recht hat. Nimm ihr mögliche Schuldgefühle. Denn als Opfer von sexueller Belästigung oder Übergriffen trägt man nie Schuld.
#stopslutshaming
*Anmerkung: Auch wenn ein Mann Opfer von sexueller Belästigung oder mehr wurde, sei es durch männliche oder weibliche Täterschaft, gilt: Das Opfer trägt keine Schuld. Slutshaming bezieht sich fast ausschließlich auf Frauen. Daher liegt auch der Fokus dieses Artikels auf weiblichen Betroffenen. Dennoch ist es mir wichtig klarzustellen, dass jeder sexuelle Übergriffe erfahren kann, unabhängig vom Geschlecht.
Und weil es so gut zum Thema passt: http://www.amberroseslutwalk.com/
hier geht’s zum Video:
Oh ja, das kennt man gut! Ich bin mit einer Freundin abends zum Karneval der Kulturen gegangen, es war warm, ich hatte eine kurze Short an. Uns kamen 2-3 Männer in einer wenig beleuchteten Straße entgegen und einer fing an mich komisch anzuhissen und zu fauchen (was er wohl damit bezwecken wollte??), ziemlich eklig kletterten im Vorbeigehen seine Augen an mir hoch und runter. Ich, ganz selbstbewusst die Berlinerin in mir rausgeholt und „Fick dich, du Arsch!“ entgegnet. Meine Freundin meinte auch erst, naja, du musst dich nicht wundern, du hast halt eine Short an. Als ich ihr dann das Konzept vom Slutshaming kurz erläutert habe, hat sie mir direkt recht gegeben. Wieso sollte ich mich für meine nackten Beine schämen? Es ist warm, es ist nicht meine Schuld, wenn sich jemand nicht beherrschen kann. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn er einfach gesagt hätte, „Tolle Beine!“. Dann hätte ich mich bedankt, vielleicht noch ein nettes Kompliment à la „Danke, cooles T-Shirt!“ zurückgeworfen und unsere Wege hätten sich in einen fröhlichen Abend getrennt. Mit einem ekligen Gehisse und Gefauche kann ich nichts anfangen. Da reagiere ich nun mal nicht dankbar.
So wurden wir alle erzogen… klar, ich laufe jetzt nicht verschleiert herum. Aber wie vermutlich viele von euch bekam ich schon von klein auf gesagt, dass der eigene „zu kurze“ Rock, das eigene „zu enge“ Top an den ungewollten Blicken und Worten schuld ist. Ich sage Umerziehen statt Umziehen! Und zwar sich selbst. Vor allem darf man es nicht dulden, wenn jemand einen wegen so einer Lappalie versucht den Tag zu verderben. Einfach zurück feuern und andere Frauen bekehren. Besonders letzteres ist wichtig.