“Ich boykottiere XYZ” finde ich ja immer recht albern, wenn das jemand sagt. Klar, um Nestlé, Primark und die ganze offensichtlich schlechte Suppe mache ich einen großen Bogen. Aber das so laut auszusprechen als könnte man damit die Welt retten, nee! Heute habe ich dennoch das Bedürfnis lautstark der Welt mitzuteilen:
Ich boykottiere True Fruits!
True Wer?
True Fruits. Wahre Früchte. Gerade als Veganerin kaufe ich diese Smoothies supergerne. Ganz ihrem Namen entsprechend kam die Saftmarke irgendwie ehrlich und fair daher in ihren schicken Glasflaschen. Frei nach dem Motto: “du kriegst was du siehst” gibt die ’nen Blick aufs Innere frei und markiert sogar wieviel von welcher Zutat drin ist. Mit einer kecken Beschreibung auf der Flaschenrückseite hatten sie dann auch schnell noch mein Berliner Schnauze-Herz gewonnen.
Die Samensaft-Kampagne
In einer neuen Produktlinie setzt True Fruits jetzt auf Chia im Smoothie. Besser spät als nie sind sie also auch auf den Pseudo-Superfoodzug aufgesprungen. Man muss ja am Ball bleiben in der Smoothiebranche, ne? Die eine Zutat für schnelle Absatzzahlen ist also gegeben, nämlich ein Trend. Aber es fehlt noch die zweite Zutat: SEX SELLS. Hat bei der #schluckimdunkeln Aktion doch auch geholfen
Was war Chia nochmal? Achja, kleine Samen. Mmhh… Samen… Da lässt sich doch das ein oder andere Wortspiel bei herauszaubern, dachte sich wohl das True Fruits-Marketing und tadaaa
Unsere neuen Sorten: Chia red & Chia yellow. Trinkfertig & ohne Wartezeit. #samensaft #samenspender #truefruits pic.twitter.com/gT4PgPGr2K
— true fruits (@truefruits) July 15, 2016
Überall pranken Plakate mit samigen Sprüchen drauf. Falls Du es noch nicht mitbekommen hast, kannst Du es Dir vielleicht denken: Es ging ein Sexismus-Aufschrei durch die Reihen. Juristisch sei an dem Vorwurf des Sexismus nichts dran.
Ich finde die Plakate billig und dumm, aber auch nicht so richtig schlimm. Ein bisschen eklig halt. Immer an Sperma denken zu müssen, wenn ich einen True Fruits-Saft trinke? Nein Danke!
Das einzige, das mich ehrlich stört ist das obige. Es ist klar, hier wird gespielt mit der Aussage “Blasen für den schnellen Samenerguss”. Ein simples Wortspiel. Ganz unsexistisch finde ich die Kampagne nicht, da das Samenvergnügen ja nur Männer haben. Frauen können daran nicht teilhaben, sondern nur dafür “sorgen”. Vielleicht dachte sich True Fruits “wir müssen unsere Zielgruppe erweitern. Schnell, wie kriegen wir die Männer an Bord?” und haben dabei nicht bedacht, dass Frauen keinen Samensaft produzieren. Kann ja mal passieren.
True Respekt..is nich
Hier geht´s aber gar nicht um den sexistischen Charakter der Kampagne. Es geht um den unverschämten Umgang mit dem Feedback der KundInnen.
Eine Freundin hat sich bei dem Unternehmen über die Kampagne beschwert:
*Auf die Kritik an der Kampagne und den Vorwurf des Sexismus erklärte True Fruits, dass Samen von beiden Geschlechtern geschluckt werden könnten und daher keines der beiden diskriminiert werden würde. Desweiteren meint der Autor, wäre er “spitzfindig”, meiner Freundin selbst Sexismus vorwerfen zu können, weil sie so selbstverständlich davon ausgehe, dass nur Frauen gemeint sind. Die Mails sind locker flockig, mit nachweislich Copy& Paste-Bausteinen geschrieben. Das Feedback meiner Freundin wird nicht ernst genommen. Auf ihre Antwort, die den Umgang mit Ihrer Kritik in Frage stellt, wird mit dummen Sprüchen, einem Donald Trump-Gif und der Frage, ob sie einen schlechten Tag hätte geantwortet.
“Markiere ein Arschloch”
Diese Kommunikationskultur scheint der Stil dieser Kampagne zu sein. Sie wird nämlich noch zugespitzter auf Twitter weitergeführt. Beschwert man sich dort über die Kampagne, wird man mit Sarkasmus und wieder dummen Sprüchen abgewickelt. Wer auch immer den Twitter-Kanal betreibt wurde scheinbar wie folgt beauftragt
“Wir wollen einen Imagewechsel. Weg von sympathisch frechen Früchtchen zu echten Bad Boys, die über Samengenüsse twittern, Sexismus nicht ernst nehmen und so richtig schön präpubertär mit Feedback umgehen” oder „weichgespülten Werbebullshit finden wir dumm“
Liebes True Fruits-Team…
… ob Eure Kampagne nun sexistisch ist, muss jeder für sich beurteilen. Punkt ist, dass sich Leute dadurch unwohl fühlen, wie ich, meine Freundin, und andere Stimmen. Ihr nehmt diese Stimmen aber nicht ernst. Ihr tut sie mit Sprüchen, Gifs, Sarkasmus ab und belächelt sie, macht Euch sogar darüber lustig. Wenn man provozieren will, sollte man auch einstecken können. Ich verstehe, Ihr wollt Aufmerksamkeit und mehr Bekanntheit. Aber Euren Imageplan in allen Ehren, es muss Platz für Respekt den KundInnen gegenüber geben. Sonst wird aus der Aufmerksamkeit Abgneigung.
Mal ehrlich. Wenn eine Facebook-Userin schreibt „Ihhhhhhhh so würde ich das ja erst Recht nicht trinken – mit DER Werbung? Kotz!“, antwortet Ihr „Du musst es nicht schlucken.“ ?
Ich war gerne Kundin des frechen sympathischen TrueFrüchtchens. Aber die 10,00€/Liter** für Chia-Smoothie oder andere TrueFruits Produkte investiere ich nicht in eine Marke, die KundInnen-Feedback nicht ernst nimmt und sie ihr vor allem schlichtweg „egal ist“.
Andere Marken haben auch schöne Säfte (und günstigere)
Zum Glück gibt es genug tolle Alternativen, die auch auf “true content” setzen, ganz ohne blow job. So zum Beispiel:
- Innocent** (bemühen sich um Nachhaltigkeit und haben diese supersüße Mützstrick-Aktion, 6,80€/Liter)
- Alnavit** (BIO und Glasflasche, 10,00€/Liter)
- Die Eigenmarken** wie Rewe, Aldi,..(5,10€/Liter)
- Selbstgemacht (megagünstig, superlecker, frischer geht´s nicht. Zum Beispiel der hier)
* Da die rechtliche Lage zu Veröffentlichung fremder Mails unklar ist und ich nur die Erlaubnis einer Partei habe, habe ich mich einer ehrlichen Zusammenfassung bedient.
** Rewe-Preise (13.09.16).
Was hältst Du von der Samensaftkampagne?
#truefruitsboykott #schluckteurenscheissdochalleine